Fan werdenFan werden




Malcolm X | El Hajj Malik el-Shabbaz

Zurück

In Mekka: Al-Hajj Malik al-Shabbaz (1964-1965)

Als Malcolm X nach Mekka fuhr, um dort die Pilgerfahrt zu unternehmen, veränderte dies seinen Blick auf den „weißen Mann“. Er begann zu verstehen, dass der Islam, der Malcolm von der NOI beigebracht wurde, ein falscher war.

Der wahre Islam hat mich gelehrt, dass die Menschheitsfamilie, die menschliche Gesellschaft, erst dann wirklich vollständig sein kann, wenn alle religiösen, politischen, wirtschaftlichen, psychischen und rassebedingten Anteile und Eigenschaften dazugehören. Seit ich in Mekka die Wahrheit erfahren habe, umfasst der Kreis meiner engsten Freunde Menschen aller Weltanschauungen – darunter Christen, Juden, Buddhisten, Hindus, Agnostiker und sogar Atheisten! Ich habe Freunde, die werden Kapitalisten genannt, andere wieder Sozialisten oder auch Kommunisten!… Meine Freunde sind heute schwarz, braun, rot, gelb und weiß! Ich sagte zu meinem Publikum auf den Straßen Harlems, dass der „Frieden“, von dem so viel die Rede sei, für den aber so wenig getan werde, nur dann erreicht werden könne, wenn sich die Menschheit dem Einen Gott, der alles erschaffen hat, unterordne. (Autobiographie, S. 393)

In Mekka angekommen schrieb Malcolm über seine ersten Eindrücke an seine Schwestern und Brüder in New York:

„Da waren Zehntausende von Pilgern aus aller Herren Länder. Sie hatten alle Farben, von blauäugigen Blonden bis zu tiefschwarzen Afrikanern. Aber wir alle nahmen an demselben Ritual teil, entfalteten einen einheitlichen Geist und eine Brüderlichkeit, von der ich nach meinen Erfahrungen in Amerika nie geglaubt hätte, dass sie unter Weißen und Nicht-Weißen existieren könnte… Amerika muss unbedingt den Islam verstehen lernen, denn dies ist die Religion, die das Rassenproblem ihrer Gesellschaft ausgerottet hat. Während meiner ganzen Reisen durch die muslimische Welt habe ich viele Leute getroffen, mit ihnen gesprochen und sogar gegessen, die in Amerika als weiß angesehen würden – aber die Eigenschaften der „Weißen“ waren aus ihren Köpfen durch die Religion des Islam beseitigt. Ich habe nie zuvor so eine ernsthafte und ehrliche Brüderlichkeit von Menschen aller Farben zusammen gesehen, ungeachtet ihrer Farbe … Ich hatte den Segen erfahren, die Heilige Stadt Mekka besuchen zu dürfen, ich habe meine sieben Umrundungen um die Kaba vollzogen … Ihr werdet geschockt sein, diese Worte von mir zu hören. Aber auf dieser Pilgerreise, hat mich das, was ich gesehen und erfahren habe, gezwungen, viele meiner früheren Denkmuster neu zu ordnen und einige meiner früheren Schlussfolgerungen über Bord zu werfen. Das war nicht allzu schwer für mich. Trotz meiner festen Überzeugungen bin ich immer ein Mann geblieben, der versucht, den Tatsachen ins Auge zu sehen und die Realität des Lebens als neue Erfahrung und neues Wissen zu akzeptierten und zu entfalten. Ich habe mir immer ein offenes Bewusstsein bewahrt, das für die Flexibilität notwendig ist, die mit einer jeglichen Form der intelligenten Suche nach der Wahrheit Hand in Hand gehen muss. Während der letzten elf Tage hier in der muslimischen Welt habe ich mit muslimischen Brüdern, deren Augen das blaueste Blau, deren Haare das blondeste Blond und deren Haut das weißeste Weiß besaßen, von demselben Teller gegessen, aus demselben Glas getrunken und auf derselben Matte geschlafen, während wir zu demselben Gott beteten. Und in den Worten und Taten dieser weißen Muslime fühlte ich dieselbe Ernsthaftigkeit, die ich unter den schwarzen afrikanischen Muslimen Nigerias, Sudans und Ghanas verspürte. Wir waren wirklich alle gleich (wie Brüder) – denn ihr Glaube an einen Gott hat das Weiße aus ihrem Bewusstsein, das Weiße aus ihrem Verhalten und das Weiße aus ihrer Einstellung verbannt. Daran konnte ich erkennen, dass vielleicht, wenn die weißen Amerikaner die Einheit Gottes akzeptieren könnten, dass sie dann vielleicht auch die Einheit der Menschheit wirklich akzeptierten könnten – und davon ablassen würden, andere anhand ihres „Farbunterschiedes“ zu messen, zu behindern und zu schädigen. Mit dem Rassismus, der Amerika wie ein unheilbares Krebsgeschwür plagt, sollte das sogenannte ´christliche´, weiße, amerikanische Herz empfänglicher für eine bewiesene Lösung eines derart zerstörerischen Problems sein. Vielleicht könnte es für Amerika gerade noch rechtzeitig sein, um das Land vor einer drohenden Katastrophe zu bewahren… Jede Stunde hier in diesem heiligen Land befähigt mich zu immer größer werdenden spirituellen Einblicken in das, was in Amerika zwischen schwarz und weiß passiert. Der amerikanische Negro kann nie für seine rassistischen Feindlichkeiten beschuldigt werden – er reagiert lediglich auf vierhundert Jahre bewussten Rassismus durch die amerikamischen Weißen. Aber da der Rassismus Amerika auf den Weg des Selbstmord führt, glaube ich anhand der Erfahrung, die ich mit ihnen hatte, dass die Weißen der jüngeren Generation in den Colleges und Universitäten die Handschrift auf der Mauer lesen werden, und viele von ihnen werden den spirituellen Weg der Wahrheit einschlagen – den einzigen Weg, der Amerika noch bleibt, um die Katastrophe abzuwenden, zu dem der Rassismus unvermeitlich führen muss… Alles Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten.” (Autobiographie, Brief aus Mekka)